März 20 2015

Die Mathematik der finanziellen Freiheit

32  kommentare

Jeder hat sich schon mal überlegt wie es wäre, die finanzielle Freiheit zu erreichen indem man den Jackpot mit 30 Millionen knackt. Selbst wenn man eigentlich kein Lottospieler ist, kann man da schnell mal in Gedankenspiele verfallen:

Endlich nur noch unter Palmen liegen, statt Montagmorgen bei Schneeregen im stockenden Verkehr zur Arbeit zu kriechen.

Aber die Wahrscheinlichkeit, von einem abstürzendem Meteorit Flugzeug erschlagen zu werden, ist höher als die, den Jackpot zu gewinnen. Deshalb bringen dich solche Träumereien nicht weiter.


Was ist finanzielle Freiheit?

Kurz gesagt: Finanziell frei ist jemand, der von den Erträgen seines Kapitals leben kann. Das klingt erst mal nach unglaublich viel Geld und ziemlich unmöglich. Trotzdem ist diese Situation in eingeschränkter Form  sehr verbreitet: Wenn jemand für den Rest seines Lebens von seinem Kapital leben kann, nennt man das Rente.

Du willst aber nicht erst mit 70 in den Ruhestand gehen, sondern etwas früher? Wer vorhat, mindestens 25 Jahre in Rente zu leben, muss sich ein bisschen genauer mit den Erträgen seines Kapitals beschäftigen.

Es kommt nur auf die Prozente an

Übrigens ist das alles sehr einfach. Es kommt nur auf die prozentuale Sparrate von deinem Einkommen an. Also genauer gesagt:

  • Wie viel verdienst du?
  • Wie viel davon gibst du aus?

Anschliessend brauchst du nur noch eine Rendite, mit der du rechnen kannst. Der Einfachheit halber gehen wir von 4% Rendite pro Jahr nach Inflation und Steuern aus. Natürlich bekommst du auf deinem Tagesgeldkonto keine 4%, aber bei Investitionen in Aktien, Immobilien oder Firmen sind 4% Nettorendite absolut realistisch. Sogar 5 oder 6 Prozent sind nicht utopisch

Sparrate für die finanzielle Freiheit

Die folgende Tabelle gibt für verschiedene Sparraten und Zinssätze die Anzahl in Jahren an, die dich von deiner finanziellen Freiheit trennen.

Sparrate

Rendite 4%

Rendite 5%

Rendite 6%

5%

76 Jahre

61 Jahre

51 Jahre

10%

59 Jahre

47 Jahre

40 Jahre

15%

48 Jahre

39 Jahre

33 Jahre

20%

40 Jahre

33 Jahre

28 Jahre

25%

35 Jahre

29 Jahre

24 Jahre

30%

31 Jahre

25 Jahre

21 Jahre

40%

24 Jahre

19 Jahre

16 Jahre

50%

18 Jahre

14 Jahre

12 Jahre

60%

13 Jahre

11 Jahre

9 Jahre

70%

9 Jahre

8 Jahre

6 Jahre

75%

8 Jahre

6 Jahre

5 Jahre

80%

6 Jahre

4 Jahre 

3 Jahre

90%

3 Jahre

3 Jahre 

2 Jahre

95%

2 Jahre

2 Jahre

1 Jahr

Besonders große Unterschiede macht eine Erhöhung der Sparrate im unteren Bereich. Eine Erhöhung der Sparrate von 5 auf 10 Prozent bedeutet, dass die finanzielle Freiheit 17 Jahre früher erreicht wird! Leider sind das immer noch 59 Jahre.

Unabhängig von der erwarteten Rendite sind Sparraten von unter 25% ziemlich deprimierend. Richtig spannend wird es bei Sparraten über 50%:

Im falle einer Sparrate von 75% hast du die finanzielle Freiheit nach nur 8 Jahren erreicht!

Bei einer Sparrate von 50% wären es 18 Jahre. Wenn du also mit 20 Jahren ins Berufsleben einsteigst und beharrlich 50% deines Einkommens sparst, kannst du schon mit 38 in Rente gehen. Klingt wesentlich besser als Rente mit 70.

Ein Beispiel

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass vielen Leuten die genannten Prozente zu abstrakt sind. Deshalb jetzt ein Beispiel in Euro:

Stell dir vor, du verdienst 1.000 Euro netto im Monat. Du lebst von 250 Euro und kannst deshalb 750 Euro sparen. Das wäre eine Sparquote von 75%. Das ganze machst du 8 Jahre lang und legst dein Geld mit 4 % Rendite an. Dann hast du am Ende ungefähr 86.245 Euro.

Bei 4% Rendite versorgt dich dein Erspartes mit einem passiven Einkommen von 3.450 Euro pro Jahr. Also 287,50 Euro pro Monat. Das alleine deckt die Ausgaben von 250 Euro, von denen du die letzten 8 Jahre gelebt hast.

Aber ich arbeite gerne. Warum finanzielle Freiheit?

Vielleicht denkst du jetzt: Warum sollte ich das tun? Mein Job gefällt mir, ich arbeite gerne. Mir geht es genauso. Aber bist du sicher, dass das die nächsten Jahrzehnte so bleibt?

Außerdem behaupte ich, dass du erst richtig in deinem Job aufgehst, wenn du finanziell frei bist:

  • Du hast die Freiheit genau die Dinge zu tun, die du für richtig hältst und nicht das was gerade kommt, weil du das Geld brauchst.
  • Du kannst deine Meinung und deine Werte offen vertreten, weil du im Zweifelsfall abgesichert bist.
  • Deine Motivation ist die richtige. Du arbeitest, weil es dir Spaß macht, wegen einem höheren Ziel – auf jeden Fall nicht wegen Geld.

    Wie erreiche ich solche Sparquoten

    Du fragst dich jetzt wie du solche Sparquoten erreichen kannst?

    Falls du Angestellter in Deutschland bist, zahlst du bereits 18,6 % in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Allerdings vom Brutto und nur bis zu einer Betragsbemessungsgrenze von knapp 6.000 Euro.

    Die
    Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt ca. 3%. Was gar nicht schlecht ist, vor allem weil es vom Brutto bespart wird.

    Allerdings hat die gesetzliche Rente ein paar entscheidende Nachteile:

    • Man muss bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter warten, bis man an sein Geld kommt.
    • Die umgedrehte Alterspyramide macht eine Rendite von 3% für die Zukunft immer unwahrscheinlicher.
    • Der Kapitalwert der Rente ist nicht übertragbar oder vererbbar.

    Als Selbständiger, der nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, solltest du mindesten 18,6% deines Bruttoeinkommens für die Altersvorsorge zurücklegen. Also ungefähr 25% vom Netto. Dann könntest du nach 35 Jahren in Rente gehen.

    Höhere Sparquoten zu erreichen, ist schwer aber möglich. Hier ein paar Tipps, wie man es schaffen kann: 

  • Buche das Geld für dein Sparziel sofort bei Zahlungseingang auf ein separates Festgeldkonto oder dein Aktienkonto um. Dann ist die Versuchung es auszugeben geringer.
  • Viel verdienen. Das ist naheliegend. Wer wenig verdient, braucht sein Geld für die Grundbedürfnisse des Lebens. Du solltest also in deine Bildung investieren, um mehr zu verdienen.
  • Bewusst konsumieren. Du musst nicht zum Asket werden. Es macht aber Sinn sich Gedanken zu machen, ob man etwas wirklich braucht, bevor man es kauft.
  • Economies of scale nutzen: Mit zwei Einkommen in einer Partnerschaft sind hohe Sparquoten leichter zu erreichen, wenn beide an einem Strang ziehen.
  • Einmalige Ereignisse nutzen: Erbschaften oder Bonuszahlungen solltest du nicht ausgeben sondern sparen.

Nicht entmutigen lassen. Anfangen!

Lass dich von den Zahlen nicht entmutigen. Fang an, jeden Monat einen kleinen Betrag zu sparen. Das ist das Wichtigste. Der Rest ergibt sich später.

Auch die längste Wanderung beginnt mit dem ersten Schritt, fang an!

Quellen

Andere haben sich schon vorher Gedanken zu dem Thema gemacht. Die Idee zu diesem Blogeintrag stammen aus dem Early Retirement Extreme Buch von Jakob Fisker. Er hat durch extreme Sparsamkeit mit einem normalen Gehalt die finanzielle Freiheit in 5 Jahren erreicht. So eine extreme Sparsamkeit ist nicht jedermanns Sache. Aber die Konsequenz und die philosophisch tiefen Erklärungen von Jakob Fisker sind beeindruckend.

Zahlenspiele statt Gedankenspiele

Um ein Gefühl für die Möglichkeiten zu bekommen, lohnt es sich, selbst ein bisschen rumzurechnen. Lade dir einfach die Excel-Tabelle runter und trag im Reiter "Konfiguration" deine Ersparnisse und deine erwartete Nettorendite ein. Die Vorlage rechnet dir dann die Jahre bis zur finanziellen Freiheit in 5-Prozent-Schritten aus.

Finanzielle Freiheit Rechner

Veröffentlicht in Investment am 20. März 2015

Über Jens Jäger.

Meine Mission ist es, den Unternehmens-Impact, meiner Kunden durch agile Softwareprojekte zu steigern:

  • Digitale Transformation ankurbeln.
  • Routineaufgaben automatisieren.
  • Freiraum für Innovation schaffen.

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